„Washingtons „Weimar a/d Wolga“: Versailles 2.0
Kolloquium „À la recherche d'une patrie européenne. Cent ans de représentation de l'Europe dans la revue „Europe“. An diesem 105. Jahrestag des Waffenstillstandes von Compiègne/Rethondes, überblickte Peter de Bourgraaf mit dem oben stehenden Titel diese brandaktuelle Linie der Zeitgeschichte.
(Abstract)
Aus welchen Lehren des Weltkriegszeitalters sollte ein besseres Verstehen des zeitgenössischen „wojna i mir“ (🇷🇺/🇺🇦/🇺🇸, siehe Bild unten) hervorgehen? Im Großen und Ganzen fällt die Geschichte des Krieges 1939 – 1945 dabei heraus, meinen Experten von Ost bis West, deren Aussagen bzw. Forschungsergebnisse seit Kriegsausbruch 2022 von der Aufa100 publikumswirksam zusammengetragen wurden. Aktuell ist die Gefahr, dass sich eine Eskalation in den Groß- bzw. Atomkrieg nicht verhindern lassen wolle, wie uns der historisch ähnliche Ablauf im Spiegel der „ersten Nachkriegszeit“ erkennbar wurde.
Solche Kasus oder beispielhafte Historien fehlten den Gründern von Europe. Im Gegensatz zum Vertrag von Versailles, dessen im Juni 2019 einzig von Amerikanern am Ort des Geschehens gedacht wurde, wurde in Paris die Jahrhundertfeier dieser frankophonen Zeitschrift begangen. Das Programm des dreitägigen Colloque du centenaire de la revue enthielt weder russische noch US-amerikanische Thematik, was sich – im Gegensatz zu dem osteuropäischen Staat – vielleicht auf die außereuropäische Lage der Vereinigten Staaten zurückführen lässt. Zum Gedächtnis des antiimperialistischen Gründervaters Romain Rolland ist bemerkenswert, dass das Imperialismusthema vollständig außer Acht gelassen wurde.
Die Fragestellung wird dem deuxième axe, « GUERRES ET PAIX VUS D'EUROPE », der französischen Veranstalter gerecht. Aufgrund des Blogposts „Literaturempfehlungen“ zum heutigen Kriegsgeschehen lasse ich – im Einklang mit der historiographischen und erinnerungskulturellen Ansprüchen unserer Aufarbeitungsinitiative – Ost-Westspezialisten Revue passieren. Beispiele sind Anatol Lieven, Politikwissenschaftler, dessen Landsmann George Beebe, ehemaliger US-amerikanischer Diplomat und CIA-Mitarbeiter, General Erich Vad, vormals Berater von Deutschlands erster Bundeskanzlerin, Christopher Mott, US-Spezialist der Internationalen Beziehungen und der Deutsche Michael von der Schulenburg, ehemaliger Assistent zum Generalsekretär der Vereinten Nationen.
Im jubilierenden Europe vereinigten sich zunächst Ost und West auf einem Kontinent, der durch die Urkatastrophe des zwanzigsten Jahrhunderts gespalten wurde. Zur Friedensaussichten tilgenden Gefahr dieser Spaltung vermochte Rolland ein Zeichen setzen. Wie einmal der etwa ein Jahrhundert lagernde Staub vom Original der Matthäus Passion gewischt wurde, wird heutzutage ein Felix Mendelssohn Bartholdy gebraucht, um den preisgekrönten Gründervater aus der Burgund und seine Stiftungen nicht nur in Passau und seiner 🇫🇷 Heimat, sondern wie den Komponisten Johann Bach europaweit zu feiern.
